Ob man nun eine Zeitung aufschlägt oder eine Nachrichtenseite aufruft, das Thema Schleier ist allgegenwärtig. "Burkaverbot" hat gute Chancen, in Deutschland zum Unwort des Jahres gekürt zu werden. Zum Unwort, weil es unanständig ist, welche Präsenz diesem Thema in Deutschland angesichts der Probleme in der Welt eingeräumt wird und vor allem welche Wichtigkeit ausgerechnet jene Männer unter dem Deckmantel der Verteidigung von Frauenrechten diesem Thema beimessen, die ohne mit der Wimper zu zucken den Speichel von totalitären muslimischen Herrschern zutiefst frauenverachtender Länder lecken, um sich Flüchtlinge vom Hals zu halten und um Milliarden mit Waffengeschäften zu verdienen. Wenn es um wirtschaftliche Interessen geht, sind unseren Politikern Frauenrechte keinen Pfifferling wert, aber wenn es darum geht, die Verschleierung in Deutschland zu verbieten, um rechtsaußen nach Wählerstimmern zu fischen, da führen sie auf einmal vorgeblich ritterlich die Sorge um die Unterdrückung der muslimischen Frauen und die Verletzung der Menschenrechte ins Feld, die ihnen beide bei ihren Geschäften mit den wahabistischen Milliarden sonstwo vorbeigehen.

Aber das ist nicht der einzige Grund. Denn andererseits habe ich das persönliche Bedürfnis, einem Menschen ins Gesicht zu sehen, weil ich ihm auch meines zeige. Für mich hat es etwas mit Respekt und Ehrlichkeit zu tun, dem anderen "das wahre Gesicht" zu zeigen. Das ist so, weil ich in Deutschland aufgewachsen bin, in einer freiheitlichen, westlichen Demokratie, in der Frauen (zumindest theoretisch) die gleichen Rechte haben wie Männer und in der Religion eine Privatangelegenheit ist. Weil mir beigebracht wurde, dass man anderen Menschen offen ins Gesicht sieht, wenn man sich nähert, dass man ihnen die Hand reicht, und dass genau dies ein Ausdruck von Respekt ist. Für mich ist das selbstverständlich, normal und alles was davon abweicht, verunsichert.
Ich habe keinerlei Problem damit, welcher Religionsgemeinschaft ein Mensch angehört, ob er hell- oder dunkelhäutig ist, groß, klein, dick, dünn, rot- oder blauhaarig, ob er Hut, Kopftuch, Mütze, Hidschab, Käppi oder Tschador trägt. Mein Bewertungsmaßstab war immer und ausschließlich, was für ein Mensch jemand ist und wie er andere Menschen behandelt. Dachte ich zumindest. Und nun merke ich, dass sich am Thema Burka und Niqab mein unbedingtes Ja zur freien Entfaltung der Persönlichkeit und Toleranz Andersdenkenden gegenüber an meiner ganz persönlichen Vorstellung davon, wie man sich in unserer Gesellschaft bewegt und anderen Menschen höflich begegnet, ganz gewaltig reibt. Burka und Niqab rücken in meinem unguten Bauchgefühl erschreckend nahe an Fakeprofile in sozialen Netzwerken ohne Klarnamen, an anonyme Kommentare, an Gegenüber, die auch in Innenräumen die verspiegelten Sonnenbrillen nicht abnehmen. Es macht mich sauer, wenn sich jemand versteckt, mir sein "wahres" Gesicht nicht zeigen und mir nicht in die Augen sehen will - ganz unabhängig davon, ob Mann oder Frau.
Toleranz bis in die letzte Konsequenz ist für mich manchmal doch gar nicht so selbstverständlich, wie ich immer dachte...
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Für mich ist "blauer Himmel" nur die Minimalversion gegenüber der beeindruckenden und faszinierenden Dramatik, zu der unser Himmel in Verbindung mit Sonne, Mond und Wolken fähig ist. Deshalb zeige ich hier jeden Samstag eines oder auch mehrere Himmelsbilder, die ich die Woche über eingefangen habe.
Wer mitmachen möchte ist herzlich eingeladen, seinen Himmel und den entsprechenden Post hier zu verlinken.
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Liebe Katja, in diesem Dilemma befinde ich mich auch, dass du beschreibst. Und ich ärgere mich über die Scheinheiligkeit in der Politik & den Versuch der Stimmenfängerei, angesichts wirklich vieler Probleme des gesellschaftlichen Miteinanders ein Hohn. Dem Thema konnte ich mich in dieser Woche auch nicht entziehen und habe meine Überlegungen gepostet.
AntwortenLöschenEin gutes Wochenende!
Astrid
Wiedereinmal sprichst Du meine Gedanken aus, Katja! Dem ist nichts mehr hinzu zufügen. Herzlichst, Nicole
AntwortenLöschenes ist wie ein kippbild. man könnte, wie damals in der schule, einen wunderbaren pro-und-kontra-aufsatz über das thema »verschleierung« schreiben. beide seiten glaubhaft darstellen. wobei man manchmal jedoch aus der eigenen haut nicht hinaus kann. so weiß ich zum beispiel aus (leider) eigener erfahrung, wie es ist, in einer ungesund religiösen gemeinschaft groß zu werden. so kann ich nachvollziehen, wie sehr diese frauen es nicht einfach sein lassen können, mit »ihrem« schleier. man kommt auf die idee helfen zu wollen. wenn ich wem helfen möchte, bin ich dann noch tolerant? was eröffnet sich den frauen dadurch, dass wir ihre verschleierung tolerieren? ist das der anfang vom ende des schleiers oder manifestiert er sich dadurch? ich bin dankbar, dass ich kein »bestimmer« bin und meine meinung im großen und ganzen allen egal sein kann. das befreit und ich darf innerlich kippbilder pflegen.
AntwortenLöschenliebe katja, dir ein wunderbares wochenende, hier und jetzt uni blauer himmel bei uns ;o) die tabea
Ja, in diesem vielschichtigen Komplex bewegt mich die Frage, was passiert mit den Frauen, denen von außen aufgesetzt die Burka verwehrt wird, die sie tragen müssen oder wollen. Womöglich dürfen die dann gar nicht mehr raus oder an den Strand. Gibt es jetzt wirklich nichts Drängenderes zu diskutieren. Stimmenfang, Ablenkung, Kanalisierung... Doch der Himmel bleibt sich gleich mit seinen vielen Facetten, gleich faszinierend, und schön! Herzlich Ghislana
AntwortenLöschenDas hast Du wieder super auf den Punkt gebracht.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Andrea
Ghislana spricht mir aus dem Herzen.
AntwortenLöschenL G Pia
Liebe Katja
AntwortenLöschenSuper gschrieben. Mir geht es ähndlich. Einerseits nerve ich mich, dass angesichts der aktuellen Lage über sowas diskutiert wird. Und ich habe immer den Vorsatz: Leben und leben lassen. Anderseits fand ich es diese Woche mehr als sonderbar eine verschleierte Frau samt Kleidern baden zu sehen und das mitten in der Zentralschweiz. Noch sonderbarer fand ich aber, dass die Mutter verschleiert war und ihre Mädchen in Badeanzügen herum sprangen. Und noch komischer wurde die Situation, als ich mitbekam, dass sie perfekt Schweizerdeutsch reden. ???? Ich gebe es zu, mein soziales und tolerantes Herz war/ist sehr iritiert.
Ganz liebe Grüsse
Paula
Liebe Katja,
AntwortenLöschenwährend meiner Reha bin ich in Salzburg gewesen, dort begegneten mir zig-Burka-Trägerinnen, mir gingen ähnliche Gedanken durch den Kopf wie Dir.
herzlich Margot
bei dem thema gehen mir auch sehr viele gedanken durch den kopf. besonders auch die von ghislana.
AntwortenLöschenliebe grüße - mir gefällt die gedankenverbindung von schleierwolken und burka.
lg, mano
Es sind diese scharfsinnigen Texte, die ich unter anderem so mag... herzlichen Dank, dass du mich/uns daran teilhaben lässt. Herzlich, Lina
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